Fitnessstudio-Vertragsrecht


Bei Vertragsschluss beiden Vertragsparteien bekannte Krankheit rechtfertigt keine fristlose Kündigung und zur Frage der Vorfälligkeitsentschädigung

AG Geldern, Beschluss vom 06.05.2016 - 4 C 11/16 -

Kurzer Inhaltsangabe:

 

Dem Nutzer war bei Vertragsschluss mit dem Fitnessstudio seine Erkrankung bekannt gewesen. Dies ergab sich bereits aus dem schriftlichen Nutzungsvertrag. Auf diese Erkrankung, die ihm eine weitere Nutzung der Einrichtung unmöglich mache, berief sich der Nutzer zur Begründung seiner fristlosen Kündigung. Das Fitnessstudio hat Zahlungsklage unter Geltendmachung der durch Verzug nach den Geschäftsbedingungen vereinbarten Vorfälligkeit der weitern künftigen Nutzungsentgelte erhoben.

 

Das Amtsgericht wies auf bedenken zur Vorfälligkeitsklausel hin. Daraufhin hat das Fitnessstudio insoweit einen Hilfsantrag gemäß § 259 BGB gestellt, mit dem die künftigen Beträge geltend gemacht wurden.

 

Während des gerichtlichen Verfahrens zahlte der Nutzer und die Hauptsache des Rechtsstreits wurde übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Amtsgericht musste gemäß § 91a ZPO über die Kosten entscheiden. Es entschied, dass die Kosten vom Nutzer zu tragen sind. Zur Begründung wies es darauf hin, dass sich der Nutzer auf die Erkrankung im Hinblick auf seine Kenntnis bei dem Vertragsabschluss nicht berufen könne. Soweit eine Vorfälligkeit klägerseits geltend gemacht wurde, könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin damit durchgedrungen wäre, da jedenfalls die Klage auf den Hilfsantrag nach § 259 ZPO begründet gewesen wäre.

 

Anmerkung: 

1, Die Bedenken des Amtsgericht zur Wirksamkeit der Vorfälligkeitsentschädigung sind nicht nachvollziehbar. Die Klausel entsprach der Rechtsprechung des BGH, wonach bei einem Verzug mit zwei Raten eine Vorfälligkeit auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehen werden kann.

2. Zutreffend stellte das Gericht bei der Vorkenntnis nicht darauf ab, dass auch das Fitnessstudio Kenntnis von der Vorerkrankung hatte. Es lag in der Sphäre des Nutzers, ob er die Gefahr eines Vertragsschlusses trotz dieser Vorerkrankung einging. Er hätte auch den Vertragsschluss davon abhängig machen können, dass er, wenn er auf Grund der Vorerkrankung die Einrichtung nicht nutzen kann, kündigen kann; sollte sich das Fitnessstudio darauf nicht einlassen, hätte er den Vertrag nicht abschließen dürfen. 

 

Aus den Gründen:

Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

Gemäß § 91 a ZPO konnte demnach durch Beschluss, der keiner mündlichen Verhandlung  bedarf,  über die  Kosten des Verfahrens  entschieden werden.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht die tenorierte Kostenfolge billigem Ermessen.

Nach dem bisherigen Vorbringen der Parteien bestehen an der ursprünglichen Berechtigung der Klageforderung in der Hauptsache keine Bedenken. Es war daher davon auszugehen , das die beklagte Partei im Wesentlichen unterlegen wäre. 

Hinsichtlich ·der für die Vergangenheit geltend gemachten Zahlungsansprüche, die zwischen den Parteien streitig waren, weil die Beklagte sich auf eine vorzeitige Beendigung  des Vertragsverhältnisses   durch  ihre fristlose  Kündigung  berief,  hätte die Klage deshalb Erfolg gehabt, weil die fristlose Kündigung der Beklagten nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt  hatte.  Die Krankheit, auf deren Vorliegen die Beklagte ihre fristlose Kündigung gestützt hat, lag nämlich bereits ini Zeitpunkt  des Vertragsabschlusses  zwischen  den  Parteien vor, wie  sich aus dem schriftlichen Vertrag vom 01,08.2014 (BI. 34 der Gerichtsakte) ergibt. Die Beklagte  hat dort bereits  angegeben , wegen  Neurodermitis  in ärztlicher Behandlungzu sein. Ihre Neurodermitiserkrankung scheidet daher als Grund für eine fristlose Kündigung  des Vertragsverhältnisses  aus.

 

Auch  im Übrigen hätte die Klage Erfolg gehabt, wobei dahinstehen kann, ob die   Klausel hinsichtlich der Vorfälligkeit bei Zahlungsverzug in den AGB des Klägers wirksam  ist. Zumindest  mit dem  im Schriftsatz  vom  18.02.2016 formulierten Hilfsantrag hätte die Klage Erfolg gehabt. Der Hilfsantrag war gemäß § 259 ZPO gerechtfertigt , da nach den Umständen die Besorgnis des Klägers gerechtfertigt war , die Schuldnerin werde sich der rechtzeitigen Leistung ihrer monatlichen Zahlungsverpflichtungen entziehen. Die Schuldnerin berief sich nämlich auf die vorzeitige Beendigung  des Vertragsverhältnisses  durch  ihre fristlose  Kündigung  und hat hierdurch Zahlungsansprüche des Klägers bestritten. Dieses ernstliche Bestreiten der klägerischen  Zahlungsansprüche  rechtfertigt die Annahme  der Voraussetzungen für eine Klage nach § 259 ZPO  (vergleiche Zöller,  30. Aufl. , Rn. 3 zu § 259 ZPO) .

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