Schadensersatz


Eigentumsnachweis als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs  -

Trotz Schaden am Motorroller durch fremdes Fahrzeug kein Schadensersatz - das Eigentum als Ärgernis

LG Marburg - 5 S 51/13 -, Beschlüsse vom 26.06. und 07.08.2013


1. Der Schadenshergang war fast alltäglich: Der Sohn der Klägerin, der Auszubildender bei dem Versicherungsnehmer des Beklagten war, fuhr mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Traktor gegen einen Motorroller, mit dem er selbst morgens zur Arbeitsstelle kam. Den dadurch bedingten Schaden an dem Motorroller machte er bei der Beklagten geltend, wobei er sich als Anspruchsberechtigter ausgab.

 

Die Beklagte zahlte aber nicht. Sie berief sich darauf, dass ein nicht versichertes Risiko vorlag. Nach §§ 3a PflVG, 115 VVG können aus einem Schadensfall lediglich Dritte Ansprüche geltend machen. Der Sohn der Klägerin wäre aber als Fahrer des haftpflichtversicherten Traktors nicht Dritter gewesen (so auch bereits Thüringer OLG vom 06.01.2004 – 4 U 936/03 – zu § 3 Nr. 1 PflVG a.F.).

 

2. Es erhob nunmehr die Klägerin mit der Behauptung, das Eigentum am Motorroller, den sie lediglich ihrem Sohn leihweise überlassen habe, stünde ihr zu. In dem Verfahren AG Kirchhain - 7 C 485/12 – wurde das Eigentum der Klägerin bestritten und auch darauf hingewiesen, dass nach § 1006 die Vermutung für das Eigentum nicht für sie sondern für ihren Sohn streite, der auch tatsächlich zunächst den Anspruch für sich geltend gemacht hatte. Das Amtsgericht wies mit Urteil vom 26.04.2013 die Klage ab. Die Berufung blieb erfolglos.

 

Mit Hinweisbeschluss vom 26.06.2013 hat das LG Marburg – 5 S 51/13 - die Klägerin auf ihre fehlende Aktivlegitimation hingewiesen. Sie habe das Eigentum, welches für den Anspruch Voraussetzung wäre, nicht nachgewiesen. Der vorgelegte Kaufvertrag belege lediglich eine rein schuldrechtliche Käuferstellung, der Versicherungsschein lediglich ihre Stellung als Versicherungsnehmerin. Einen Schluss auf das Eigentum ließen diese Unterlagen nicht zu. Da die Klägerin nach dem Hinweisbeschluss die Berufung nicht zurückgenommen hatte, wies die Kammer die Berufung mit Beschluss vom 07.08.2013 zurück.


3. Für die Klägerin und ihren Sohn, mag es bereits überraschend gewesen sein, dass die beklagte Versicherung einen Anspruch negierte. Zwar sprach bei der Geltendmachung durch den Sohn der Anschein gemäß § 1006 BGB (Besitz streitet zunächst für das Eigentum) für die Berechtigung zur Geltendmachung des Anspruchs. Aber seine direkte Verknüpfung zum Unfallgeschehen als gleichzeitiger unfallverursachender Fahrer des Fahrzeuges, dessen Haftpflichtversicherung an sich für den Schaden aufkommen müsste, schloss ein haftpflichtversichertes Risiko aus. Er selbst war nämlich als Fahrer des Traktors automatisch Mitversicherter des unfallverursachenden Fahrzeuges und war damit gehindert, selbst (indirekt auch gegen sich selbst) Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der Direktanspruch gegen den Versicherer setzt nach §§ 3a PflVG iVm. 115 VVG voraus, dass dieser von einem Dritten geltend gemacht wird, als nicht wie hier von der Person, die den Schaden durch Führen des versicherten Fahrzeuges bei seinem Fahrzeug selbst verursachte.


Damit kam es für den Erfolg der Klage darauf an, ob seine Mutter gemäß ihrer Behauptung Eigentümerin des Motorrollers war. Denn sie wäre Dritte gewesen. Hier nun wurde aber kein Beweis für das Eigentum der Klägerin geführt. Unbehelflich waren die Bezugnahme auf Kaufvertrag und Versicherungsschein des Rollers. Es ist nicht notwendig, dass ein Versicherungsnehmer auch selbst Eigentümer ist; selbst in der Kfz-Versicherung kann ein Dritter die Versicherung abschließen (was z.B. in Familien häufig im Hinblick auf die Höhe der Prämienbelastung für Fahranfänger häufig vorkommt). Aber auch der Kaufvertrag konnte nicht das Eigentum belegen. Es wird - wie hier - häufig verkannt, dass im deutschen Recht (anders als z.B. im französischen Recht - das Abstraktionsprinzip gilt. Der schuldrechtliche Vertrag (Kaufvertrag) ist vom
dinglichen Rechtsgeschäft abgekoppelt. Entscheidend für den Erwerb des Eigentums ist der Eigentumsübergang nach §§ 929ff BGB. Unabhängig vom Rechtsgrund des Eigentumserwerbs ist mithin ein dingliches Rechtsgeschäft erforderlich, auf Grund dessen das Eigentum übertragen wird. Der bisherige Eigentümer und der neue Eigentümer müssen sich mithin über den Eigentumsübergang einig sein, es muss eine Übergabe vom bisherigen Eigentümer auf den neuen Eigentümer erfolgen (oder ein Übergabesurrogat vereinbart werden) und der bisherige Eigentümer muss berechtigt gewesen sein (also Eigentümer gewesen sein, greifen nicht Regelungen über einen gutgläubigen Erwerb). Da die Klägerin dazu nichts vorgetragen hatte (und auch keinen Beweis angeboten hatte), war zwingend die Klage abzuweisen gewesen.


An dieser Stelle darf auch auf einen weit verbreiteten Irrtum hingewiesen werden, mittels der Zulassungsbescheinigung Teil I und/oder Teil II (ehedem Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief) könne das Eigentum belegt werden. Unter gewissen Umständen kann zwar bei Überlassung dieser Papiere, insbesondere wenn der Übertragende darauf als Halter des Fahrzeuges vermerkt ist) ein gutgläubiger Erwerb möglich sein; alleine die Inhaberschaft dieser Papiere rechtfertigt aber selbst dann nicht die Annahme des Eigentums, wenn der Inhaber in den Papieren als Halter ausgewiesen wird (so bereits zu Fahrzeugschein und –brief z.B. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 6 Aufl. Rn. 1483 mwN; heute ist ausdrücklich auf der Zulassungsbescheinigung II vermerkt, dass der Inhaber nicht als Eigentümer ausgewiesen wird). Das Recht aus dem Papier folgt nicht dem Recht an dem Papier.


LG Marburg, Beschluss vom 07.08.2013 - 5 S 51/13 -




... hat das Landgericht Marburg- 5.Zivilkammer -durch den Präsidenten des Landgerichts Dr. Ullrich,

den Richter am Landgericht Dr. Wilhelm und den Richter am Landgericht Dr. Herzog

am 07.08.2013

 

 

 

 b e s c h 1 o s s e n:

 

 

'

Die Berufungder Klägerin gegen das am 26.04.2013 verkündete Urteil des

AmtsgerichtsKirchhain (Az. 7 C 485/12 (2)) wird zurückgewiesen. 

 

 

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 

 

Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar erklärt. 

 

DieRevision wird  nicht zugelassen  ·

 

 

 

Gründe:

 

 

Die Berufung ist zulässig, aber offensichtlich unbegründet, denn sie bietet offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.Die Rechtssache hat außerdem keinegrundsä.tzliche Bedeutung und erfordert - auchunter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten - keine Entscheidung der Kammer zur Rechtsfortbildung oderSicherung einer einheitlichen Rechtssprechung, § 52? Abs.2 S. 1 ZPO .

 

 

Die Entscheidung des Amtsgerichts Kirchhainerweist sich vielmehrschon jetzt sowohiim Ergebnis als auch in den tragenden Teilen seiner Begründung als zutreffend . Auch das Vorbringen in der Berufungrechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

 

 

Auf die wesentlichen Gründe hierfür sind die Parteien bereitsdurch Beschluss der Kammer vom 26.06.2013 hingewiesen worden. Auch das Vorbringen der Klägerin im Schrift­satz vom 02.08.2013 gibt keine Veranlassung,  die Erfolgsaussicht zu bejahenoder erst nach mündlicher Verhandlung  zu entscheiden.

 

 

Der nochmalige ausführliche Vortrag der Klägerin dahingehend, dass sie Eigentümerin des streitgegenständlichen Motorrollers ist, rechtfertigt - wie bereits im Hinweisbeschluss der Kammer vom 26.06.2013 ausgeführt - keine abweichende Beurteilung, da die Eigentümerstellung an dem Motorroller zwischen den Parteien streitigist, der Klägerin der Nachweis, dass sie Eigentümerin des Motorrollers ist, nicht gelingt. Die Klägerin hat - wie ebenfalls im Hinweisbeschluss der Kammer vom 26 .06.2013 dargelegt - bereits in als für diese Tatsachedarlegungs- und beweisbelastete Partei weder ausreichenden Vortrag r ihren Eigentumserwerb gehalten , noch ihr Eigentum mit geeigneten Beweismitteln unter Beweis gestellt. Eine Übereignung durch d. en vormaligen E.igentümer/Verkäufer  hatdie  Klägerin nicht vorgetragen. Der vorgelegte Kaufvertrag über einen Motorroller belegt ledig- lich einen Kaufvertragsschluss und die (rein schuldrechtliche) Käuferstellung der Klägerin die vorgelegten Versicherungsscheine  belegen allenfalls, dass die KlägerinVersiche­ rungsnehmer der betreffenden Versicherung war. Einen hinreichend sicheren Schluss audas Eigentum der Klägerinlassen diese Unterlagen nicht zu, zumal etwaige,hieraus zu    entnehmendeIndizien durch die Schadensmeldung des Sohnes der Klägerin entkräftet worden. § 1006 BGB streitet nicht für die Klägerin. Ob der Sohn der Klägerin , XXXXXXXXXXXXr, Eigentümerdes Rollers gewordenist ,oder - wie. die Klägerin meint - nicht, kann dahinstehen, da es hierauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

  

 

Der Vortrag der Klägerin, das Amtsgericht habe bereits (bindend)festgestellt , dass die Klägerinbei Erwerb des Motorrollers auch das Eigentum erworben habe, lediglichdie auf

§ 1006 BGB ·gestützte Feststellung des Amtsgerichtes,  der Sohn der Klägerinsei nunmehr Eigentümer des Motorrollers, sei fehlerhaft, ist unzutreffend. Denn das Amtsgericht stützt seine Entscheidung über die Klageabweisung maßgeblich darauf, dass der Klägerin der Nachweis ihres Eigentums an dem Motorroller nicht gelungen sei. Dass - was der Klägerinzugestanden werden muss -  die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Ur­teils unter anderem aufgeführten Erwägungen im Hinblick auf einen früherenEigentums­ erwerb der Klägerin und die Feststellung, der Sohn der Klägerin sei derzeit Eigentümer, ohne Ausführungen zum Eigentumsübergang zu machen, missverständlich sind, ändert hieran nichts.

 

 

Soweit sich die Klägerin schriftsätzlich darauf beruft, das Amtsgericht habe ihren Anspruchauf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es in der letztenmündlichen Verhand­lung zu erkennengegeben habe, es gehe vom Eigentum der Klägerin an dem Motorroller aus, nach Vortrag der Beklagten in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz indes die Kla­ge unter Hinweis auf die fehlendeEigentümerstellung abgewiesen habe, rechtfertigt dies keine abweichende Bewertung. Denn die Klägerin hatte in der Berufungsinstanz Gelegen­heit zur Stellungnahme zu dem nicht nachgelassenen Schriftsatz, sollte dieser überhaupt


Grundlage des erlassenen Urteils gewesen sein. Jedoch ist es der Klägerinauch in der Berufungsinstanz nicht gelungen, ihre Eigentümerstellung bzgl. des Motorrollers nachzu­weisen bzw  einenErwerbstatbestand bzgl. des Eigentums vorzutragen . Ein etwaigerVer­fahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichtes hat sich daher nicht ausgewirkt, das erstin­stanzliche Urteilberuht nicht auf einem Verfahrensfehler.

 

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO . 

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteilsfolgt aus § 708 Nr. 10ZPO . 

 

Die. Revision gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen.


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