Tierhalterhaftung


Nutztiereigenschaft und Exkulpation des Tierhalters

Urteil des AG Esslingen vom 14.08.2012 - 10 C 644/12 -

Das Amtsgericht anerkannte die Schafhaltung als Haltung von Nutztieren iSv. § 833 Satz 2 BGB, weshalb sich die Beklagte in Bezug auf den Hütehund exkulpieren konnte. 


Das Freilaufenlassen des Hundes, was letztlich zum Schadensfall führte, sei deshalb zu akzeptieren, da so der Hund seiner Aufgabe als Hütehund nachkomme.




Entscheidung im Wortlaut:


Aktenzeichen: 

10 C 644/12 

 

 

 

 

 

Verkündet am

14.08.2012                                 Amtsgericht Esslingen

 

 

 


Eiberle, JAng'e Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle


 

 

 

 

Im Namen des Volkes

 

 

 

 

 

 

Urteil


 

 

 

 

 

ln dem Rechtsstreit

 

 

Kaxxxxxxxxtharinxxxxxxxxxxxxxxxa Burk

- Klägerin-

 

 

Prozessbevollmächtigter:

Rexxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

l

 

gegen

 

 

Tanxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxf

-Beklagte -

 

 

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte Niehus & Ruppel, Gerbermühlstraße 9, 60594 Frankfurt, Gz.: 294/12N24 wegen Schadensersatz aus Hundebissattacke

hat das Amtsgericht Esslingen

durch die Richterin am Amtsgericht Meyding

am 14.08.2012 im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO nach dem Sach- und Streit­

stand vom 14.08.2012 für Recht erkannt:


 

 

 

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

 

 

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

 

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von

700,-- abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

 

 

 


Streitwert:                  € 4.397,21 

 

nach Klagerweiterung: 4.973.80

 

 

 

 

 

Tatbestand


 

 

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz.

 

 

Am 13.10.2011 trafen gegen 18.00 Uhr der Hund "B", als ihn der Ehemann der Klägerin aus­ führte, und der Hund der Beklagten "C" aufeinander. ln der Folgezeit zeigte sich Bayou ge­ sundheitlich so beeinträchtigt, dass er über Monate tierärztlich behandelt wurde.

 

Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass es sich bei dem Hund der Beklagtenseite C um einen im Rahmen der Schäferei der Beklagten eingesetzten "Hütehund" handelt. Dass auf den klägerseits errechneten Schaden von der Betriebshaftpflichtversicherung der Beklagten, der Gxxxxxxt, 1.500,-- sowie weitere 839,21 noch vor Klagerhebung bezahlt wurden, wird übereinstimmend vorgetragen.

 

Die Klägerin behauptet, sie sei die Eigentümerin des Kromfohrländers mit Stammbaum B. Am 13.10.2011 sei dieser vom Hund der Beklagtenseite C während einer Rangelei der Tiere gebissen worden, was zu Verletzungen und schweren gesundheitlichen Folgen für B ge­führt habe. Beide Hunde haben auf Zurufe nicht reagiert. Die zunächst nicht ohne weiteres er­ kennbare Bisswunde habe sich schließlich infiziert, so dass großflächig Haut- bzw. Fellbereiche aufgrund von eitrigen Infektionen abgefallen seien. Mittlerweile wachse an diesen Stellen das

Fell nicht mehr nach.

 

 

Es seien im Zeitraum vom 15.10.2011 bis zum 06.06.2012 Tierarztkosten über insgesamt

3.661,51 und 465,27 angefallen, da Bayou von seiner Tierärztin Dr. med. ved. xxxxxxxxxxxx

gel habe behandelt werden müssen.

 

An Fahrtkosten zur Tierärztin sei für diesen Zeitraum von Beträgen in Höhe von 923,96 und

111,32 auszugehen. Die Klägerin habe jeweils eine Wegstrecke hin und zurück von 22 km mit dem Golf GTI, Baujahr 2007 fahren müssen.

 

Weiter habe sie Windeln für einen Betrag von 25,95 für ihren Hund beziehen müssen.


 

 

Der bereits einmal als Deckrüde zum Einsatz gekommene klägerische Hund Bayou werde mitt­

lerweile nicht mehr als solcher abgerufen, was durch seine äußerlichen Defizite nach dem Vor­

fall vom 13.10.2011 begründet sei. Für zu erwartende 30 Welpen a € 70,-- errechnet die Kläge­

rin eine weitere Schadensersatzforderung in Höhe von 2.100,-- und als Aufwandspauschale

25,--.

 

 

Die Klägerin wertet die Schafhaltung als Hobby der Beklagtenseite, es habe sich nur um acht bis zehn Schafe gehandelt, und ist folglich der Ansicht, Schadensersatz gem. § 833 Satz 1 BGB verlangen zu können.

 

 

Die Klägerin beantragt:

 

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.973,80.nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

                  die Klage abzuweisen.

 

 

 

Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und beruft sich auf§833 Satz 2 BGB. Sie ist-  was unstreitig ist - staatlich geprüfte Tierwirtin/Schäferei. Sie betreibe die Schafhaltung im Nebene­rwerb und ein Hütehund sei deshalb erforderlich bzw. angezeigt. Bei dem Border Collie mit Na­men C handle es sich um einen speziell ausgebildeten Hütehund. Sie bestreitet deshalb, die­se Schafe hobbymäßig zu halten, am 13.10.2012 seien es über zwölf Tiere gewesen.

 

Auch die Höhe der Schadensersatzforderung bestreitet die Beklagteseite im einzelnen. Im Übri­gen wendet sie ein Mitverschulden des Ehemanns der Klägerin ein, der klägerische Hund B habe nicht auf dessen Rufe habe.

 

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

 

 

Das Gericht hat zur Frage, wie sich der Vorfall zugetragen hat und sich die Situation vor Ort dargestellt hat, Beweis erhoben durch Befragen der Zeugen Hxxxxxxxxxx Schätzle und xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

 

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

 

Die zulässige Klage führt nicht zum Erfolg.

 

 

Der Klägerin ist kein weiterer Schadensersatz gem. § 833 Satz 1 BGB zuzusprechen, die Be­klagte ist gem. § 833 Satz 2 BGB exkulpiert.

 

 

Letztere trägt für die Nutztiereigenschaft von C und die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten so­ wohl die Darlegungs- als auch die Beweislast. Diesen Lasten ist die Beklagtenseite hier nachge­kommen. Anhaltspunkte dafür, dass, wie von Klägerseite vorgetragen, die Schafe hier als "reines Hobby" gehalten werden, liegen dagegen nicht vor (Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 833, RN 20 f).

 

 

Weiter sind hier weite Bereiche des Beklagtenvortrags zur erwerbsmäßigen Haltung unstreitig geblieben. Dies gilt insbesondere für die Ausführungen der Beklagten, sie als gelernte Tierwirtin führe einen Nebenerwerbsbetrieb, was die Schafhaltung angehe und zahle entsprechend Steu­ern für ihre Einnahmen hieraus. Weiter habe sie eine "Betriebs"-Haftpflichtversicherung abge­schlossen. Hier kann es nach Ansicht des Gerichts keinen Unterschied machen, ob die Beklag­te im Zeitpunkt des Vorfalls mehr als zehn Schafe gehalten hat. Die Anzahl der gehaltenen Tiere variiert von Zeit zu Zeit während eines Jahres, dies hat zum einen seinen Grund in der Fortpflan­zung der Schafe, zum anderen im Verkauf oder natürlichen Abgang von Tieren. Im Übrigen hat die Zeugin Hxxxxxx bekundet, es habe sich im Oktober 2011 um eine übersichtliche An­zahl zwischen 20 und 30 Schafen gehandelt.

 

Auch dass es sich bei C um einen ausgebildeten Hütehund für Nutztiere, hier für den ·se­ reich Schafhaltung und -zucht handelt, ist nicht bestritten worden. Ob diese Ausbildung aller­ dings in jeder-insbesondere der streitigen - Situation zu positiven Ergebnissen führen muss, ist hier nicht zu entscheiden. Die Regelung in § 833 Satz 2 BGB spricht allerdings dagegen.

 

Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann das Gericht auch in der Tatsache, dass C freilaufend sei­ner Aufgabe nachgekommen ist, vermag das Gericht auch nicht zu erkennen. Dies gilt auch dann, wenn C bereits öfters mit anderen Hunden in Raufereien geraten sein sollte, wie kläger­seits behauptet wird, und auf die Zurufe der Beklagten nicht reagiert haben sollte. Für ein Ver­schulden der Beklagten für das Entwischen von C wird nichts vorgetragen.

 

Im vorliegenden Fall hat im Übrigen auch de·r Hund B unstreitig nicht auf die Zurufe durch den Ehemann der Klägerin nicht reagiert.

 

Damit muss auf die weiteren Streitpunkte wie Aktivlegitimation der Klägerin, Kausalität einer Biss­verletzung durch den Hund C für die hier geltend gemachten Schadensersatzforderungen, nicht weiter geklärt werden. Auch Nebenforderungen scheiden aus.

 

Die Kostenentscheidung folgt§ 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit§§708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

 

 

 

  

Meyding

Richterin am Amtsgericht

 

 

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