Fitnesstudio-Vertragsrecht

AG Aachen, Urteil vom 25.11.2011 - 115 C 452/11 -

Umzug rechtfertigt keine fristlose Kündigung

 

 

115    C  452/11                                                                         Zugestellt:

a) der Klägerin am:

b) der Beklagten am:

 

 

Garcia-Carrera, Justizbeschäftigte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Amtsgericht Aachen

IM NAMEN DES VOLKES

 

                                Urteil

  

  

  

der FitnessXXXX

- Klägerin -


Prozessbevollmächtigte:                                                                                                      Rechtsanwälte Niehus & Ruppel, Gerbermühlstraße 9, 60594 Frankfurt,

 

 

gegen

 

 


Frau YYY,

  

Prozessbevollmächtigte:     ZZZ 

 

hat das Amtsgericht Aachen

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO mit einer Schriftsatzfrist bis zum

25.11.2011 am 27.04.2012 durch die Richterin Dr. AAA

 

für Recht erkannt:

 

Die Beklagte wird verurteilt,an den Kläger 246,66 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils16,53 seit dem 06.12.2010, 13.12.2010, 20.12.2010, 10.01.2011, 17.01.2011, 24.01.2011, 31.01.2011, 07.02.2011 und 14.02.2011 sowie 32,80 € vorgerichtliche Kostenzu zahlen.

 

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorlläufig vollstreckbar.

 

Die Berufung wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

 

 

 

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a Abs. 1 S. 1 ZPO, 511

 

Abs. 2 ZPO abgesehen.

 

 

 

II.

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Fitnessvertrag vom 25.08.2008 ein Anspruch auf Zahlung der Beiträge für den Zeitraum vom 06.12.2010 bis zum

 

26.12.2010 sowie vom 10.01.2011 bis zum 28.02.2011 in Höhe von insgesamt

 

246,66 (= 10 x Wochenbeitrag ä 16,53 +Beitrag für einen weiteren Tag ä 2,36 +Betreuungs- und Servicepauschale ä 79,- zum 01.12.2010) zu.

 

 

 

a. Der Unterrichtsvertrag wurde durch die Kündigung der Beklagten vom 25.08.2010 nicht vor dem von dem Kläger zugestandenen Vertragsende zum 28.02.2011 wirksam beendet. Da bei Vertragsabschluss-was im Lichte der§§309 Nr. 9, 307 BGB keinen Bedenken begegnet -eine zweijährige Vertragslaufzeit sowie eine jeweils 12-monatige Verlängerung für den Fall, dass nicht jeweils drei Monate vor Ablauf der Vertragslaufzeit gekündigt wird, vereinbart worden waren, war eine ordentliche        Kündigung erst zum Ablauf   des   24.08.2011   möglich. Auch die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung lagen nicht vor. Eine solche setzt einen wichtigen Grund voraus. Es müssen Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung    der   Interessen     beider       Vertragspartner        die       Fortsetzung       des Vertragsverhältnisses bis zu dessen vereinbarter Beendigung nicht zugemutet werden kann (BGH v. 11.11.2010, III ZR 57/10, Rn. 9, zitiert nach juris). Dies ist im 

Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung

 

gestützt      wird,   im   Risikobereich   des   Kündigungsgegners   liegen.   Wird   der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung (BGH a.a.O.).

 

 

b. Der Umzug der Beklagten von Heusenstamm nach Aachen zum 01.12.2010 stellt keinen solchen wichtigen Grund dar. Der Gläubiger einer Dienstleistung, der die Leistung infolge Wohnsitzwechsels nicht mehr in Anspruch nehmen kann, hat zwar im Ausgangspunkt unter dem Blickwinkel der Vertragsparität ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Leistungsanbieter kein Entgelt mehr zu entrichten. Der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, trägt jedoch grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichenVerhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stellt ein Umzug, etwa aus familiärer oder beruflicher Veranlassung, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Die Gründe für einen solchen Wohnsitzwechsel des Kunden liegen allein in dessen Sphäre und sind von dem Anbieter der Leistung nicht beeinflussbar (BGH a.a.O., Rn. 12).

 

 

Zu berücksichtigen war auch, dass die relativ lange, an die Grenze des nach § 309 Nr. 9 lit. a, b BGB in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Zulässigen gehende Vertragslaufzeit und -verlängerungszeit die wirtschaftliche "Gegenleistung" der Beklagten für einen niedrigeren monatlichen Grundpreis war und auch ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit zu höheren Kosten möglich gewesen wäre. Hieraus ergibt sich, dass auch nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag das Risiko der Nutzbarkeit des Studios während der vereinbarten Laufzeit bei der Beklagten liegt, denn diese hat um ihres pekuniären Vorteils willen die vergleichsweiselange Vertragsdauer in Kauf genommen (vgl. BGH a.a.O., Rn. 13).

 

 

Dem Kläger ist es nicht zuzumuten, aufgrundvonallein aus der Sphäre des Kunden stammenden Umständen auf den während der vereinbarten Laufzeit kalkulierten Gewinn, auf den er vertrauen darf, zu verzichten. Andererseits wird die Beklagte durch die Fortentrichtung der moderaten monatlichen Grundbeträge nicht in wirtschaftlich unzumutbarer Weise belastet (vgl. BGH a.a.O., Rn. 14). Dies gilt um so mehr, als der Kläger aus Kulanz nur für drei der nach dem Umzug noch offenen knapp neun Monate Restlaufzeit Beiträge beansprucht.

c. Darüber hinaus hat die Beklagte auch nicht dargelegt, dass die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfolgte, § 314 Abs. 3 BGB. Abzustellen ist dabei nicht auf den Zeitpunkt der Kündigung der Heusenstammer Wohnung, sondern auf den Zeitpunkt, in welchem die Beklagte den Entschluss fasste, nach Aachen mzuziehen. Wann dies war, legt die Beklagte nicht dar.

 

 

2. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Mahnkosten in Höhe von 5,00 € sowie 

Rücklastschriftkosten in Höhe von 27,80 € ergibt sich aus§§280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB.

 

 

 

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB..

 

 

 

4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf§§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

 

 

 

5. Die Berufung war nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert (§ 511 Abs. 4 ZPO).

 

6. Streitwert: 246,66

 

 

Dr. AAA