Fitnessstudio Vertragsrecht


Verspätete fristlose Kündigung wegen Krankheit

AG Frankfurt am Main-Höchst, Urteil vom 15.02.2013 - 383 C 1351/12 (43) -


Auch wenn eine Kündigung vom Grundsatz her gerechtfertigt sein könnte, muss sie doch rechtzeitig erfolgen. Dies gilt nicht nur für eine Kündigung zur Verhinderung einer Verlängerung eines Vertrages über ein bestimmtes Datum hinaus (wobei es sich dabei nicht im eigentlichen Sinne um eine Kündigung sondern rechtlich um einen Widerspruch gegen eine Verlängerung handeln würde), ist auch bei einer fristlosen Kündigung eine Frist zu wahren. Während § 626 Abs. 2 BGB für Dienstverträge eine Frist von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes benennt, ist nach § 314 Abs. 3 BGB im übrigen die fristlose Kündigung innerhalb angemessener Frist auszusprechen. Für die Angemessenheit fehlt es an einer Legaldefinition, weshalb hier de Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Das AG Besigheim (z.B.) wendet § 626 Abs. 2 BGB wegen der Ähnlichkeit der Umstände entsprechend an. Vgl. auch die Entscheidung des > AG Besigheim.


Das Urteil im Wortlaut:



Amtsgericht Frankfurt am Main 

Außenstelle Höchst

Geschäfts-Nr.: 383 C 1351/12 (43) Es wird gebeten , bei allen Eingaben die vorstehende Geschäftsnummer anzugeben .


Verkündet am: 15.02.2013


 

 

 

Urteil

 

Im Namen des Volkes

 

 

 

 

ln dem Rechtsstreit

 

XXXXXXXXXXXXXXXXX GmbH ges. vertr. d.d. GF XXXXXXXXXXXXXXXX ,

XXXXXXXX, 6xxxx xxxxxxxxx

Klägerin

 

Prozessbevollmächtigter:   Rechtsanwalt   Ralf Niehus , Gerbermühlstraße . 9, 60594   Frankfurt

Geschäftszeichen: 210/12N03

 

gegen

 


lxxxx Kxxxxxx, xxxxxxxxxx . , 6xxxx xxxxxxx


 

 

Beklagter


 

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte XXXXXXXXXXXX

 

 

 

 

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main - Außenstelle Höchst durch Richterin am Amtsgericht                  T r e u n e r

im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzschluss am 25.1.2013 für Recht erkannt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 665,50 zuzüglich Zinsen in Höhe

von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 60,50 seit dem

02.02.2012 und 02.03.2012 sowie aus 544,50 seit dem 13.04.2012 sowie 9,50 vorprozessuale Kosten zu zahlen.

 

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


 

 

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

  

 

Tatbestand:

 

   

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung des Beitrags für ein Fitness-Studio . Am 08.12.2010 schlossen der Beklagte und die Klägerin , die in XXXXXXXX ein Fitness-Studio betreibt, einen Nutzungsvertrag , für dessen Inhalt auf Blatt 10 u. 10 R. d. A. verwiesen wird . Die Vertragsdauer wurde mit 12 Monaten vereinbart. Das Vertragsverhältnis sollte sich um jeweils 12 Monate verlängern , wenn es nicht mit eine Frist von 3 Monaten vor dem entsprechenden Ablauf gekündigt wurde. Im Februar und März 2012 ließ der Beklagte den eingezogenen Nutzungsbeitrag durch seine Bank mit dem Vermerk "Widerspruch " zurückbuchen . Mit der Klage verlangt die Klägerin die Zahlung des Nutzungsentgelts für den Zeitraum von Februar 2012 bis Dezember 2012. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Klagebegründung (BI. 8 f. d. A.) verwiesen. Der Beklagte erklärte mit Schreiben vom 10.01.2012 die fristlose Kündigung des Nutzungsvertrages. Bereits bei Vertragsbeginn hatte der Beklagte angegeben , unter Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule zu leiden. Mit Schreiben vom 12.11.2011 erklärte der Beklagte die ordentliche Kündigung des Vertrages.

 

 

Die Klägerin meint, der Beklagte habe Kündigungsgründe aus gesundheitlichen Gründen verwirkt. Er könne seine fristlose Kündigung auf die Erkrankung an der Lendenwirbelsäule nicht stützen , da er sie bereits bei Beginn des Vertragsverhältnisses gekannt habe. Das Attest vom 07.12.2012 habe der Beklagte erstmals mit der fristlosen Kündigung vom 10.01.2012 vorgelegt.

 

 

Die Klägerin beantragt ,

 

den Beklagten zu verurteilen , an sie 665,50 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jewefligen gesetzlichen Basiszinssatz aus je

60,50 € seit dem 02.02 .2012 und 02.03.2012 sowie aus 544,50 seit dem

 

03.04.2012 sowie 9,50 € vorprozessuale Kosten zu zahlen .


 

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen,

 

 

 

sowie widerklagend , die Klägerin kostenpflichtig zu verurteilen, den Beklagten und Widerkläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 120,67 freizustellen.

Die Klägerin beantragt,

 

die Widerklage abzuweisen.

 

 

Der Beklagte trägt vor, bei Vertragsabschluss nichts von einem Bandscheibenleiden gewusst zu haben. Er habe während des Trainings einen Bandscheibenvorfall erlit­ ten. Der Beklagte hat zunächst vorgetragen , nach Absolvieren der ersten Trainings­ einheiten starke Rückenschmerzen verspürt zu haben, woraufhin der Arzt einen Bandscheibenvorfall festgestellt habe. Später trägt er vor, der Arzt habe ihm erst An­ fang Dezember ein Sportverbot erteilt. Wiederum später trägt der Beklagte vor, das Sportverbot sei erst "später" als Anfang Dezember erteilt worden. Das Attest von Anfang Dezember 2011 habe er Anfang Dezember bei der Klägerin abgegeben, worin eine konkludente Kündigung zu sehen sei. Er habe Anfang Dezember ein Attest bei der Klägerin abgegeben . Hierin sei einkonkludente Kündigung des Vertragsverhältnisses zu sehen . Später trägt er vor , der Arzt habe das Sportverbot erst "später" erteilt.

 

 

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien ge­ wechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

  

Entscheidungsgründe:

 

 

  

Die Klage ist im zuerkannten Umfang begründet. 

 

Die Widerklage ist unbegründet. 

 

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Nutzungsent­ gelts für die Monate Februar bis Dezember 2012 gegen den Beklagten zu. Die fristlose Kündigung des Beklagten vom 10.01.2012 vermochte das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit sofortiger Wirkung zu beenden, denn der Beklagte hat einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht vorgetragen. Der Vortrag des Beklagten im Hinblick auf den von ihm erlittenen Bandscheibenvorfall, das vom Arzt erteilte Sportverbot und den engen zeitlichen Zusammenhang zwi­ schen Sportverbot und Kündigung ist in sich inkonsistent. Der Beklagte hat zunächst vorgetragen , bereits nach kurzer Zeit des Trainings im Studio der Klägerin habe sein Arzt einen Bandscheibenvorfall festgestellt. Später hat er vorgetragen , der Arzt habe ihm Anfang Dezember 2012 Sportverbot erteilt. Erst auf den Hinweis hin, dass zwischen Anfang Dezember und der unter dem 10.01.2012 erfolgten fristlosen Kündigung kein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen dürfte , da im Hinblick auf das eindeutige Sportverbot weitere Recherchen des Beklagten im Hinblick darauf , ob Gründe zur fristlosen Kündigung vorlagen, als entbehrlich erschienen, trägt der Beklagte nunmehr vor , der Arzt habe das Sportverbot "später" erteilt , wobei er nicht konkret vorträgt , wann genau dieses später stattgefunden haben soll. Mithin kann vom Vorliegen eines wichtigen Grunds zur außerordentlichen Kündigung im Zeitpunkt des Ausspruchs der fristlosen Kündigung vom 10.01.2012 nicht mehr ausgegangen werden. Nach § 314 Abs. 3 BGB kann der Berechtigte eine fristlose Kündigung nur in angemessener Frist erklären. Bei einem Anfang Dezember 2011 erteilten Sportverbot erscheint eine am 10.01.2012 ausgesprochene fristlose Kündigung nicht mehr als in angemessener Frist erfolgt , zumal nach dem Vortrag des Beklagten der ärztliche Rat, nämlich ein Sportverbot , eindeutig und nicht auslegungsfähig war . Da der Beklagte trotz entsprechender Hinweise nicht nachvollziehbar dargetan hat, wann konkret das Sportverbot erteilt worden ist, blieb nur, davon auszugehen, dass es noch Anfang Dezember gewesen sein muss, so dass die fristlose Kündigung nicht zur Beendigung des Vertrages mit sofortiger Wirkung hat führen können. Mithin blieb der Beklagte zur Weiterzahlung des Nutzungsentgelts verpflichtet. Soweit der Beklagte mit dem Widerklageantrag die Aufrechnung erklärt hat, vermochte dies ebenfalls nicht zu einem teilweisen Erlöschen der Klageforderung zu führen , denn die Widerklage ist unbegründet. Da der Klägerin der geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht, besteht seitens der Klägerin kein schuldhaftes vertragswidriges Verhalten , das der Beklagte als Grundlage für einen eventuellen Schadensersatzanspruch hernehmen könnte. Zinsen aus dem zugesprochenen Betrag schuldet der Beklagte unter dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzuges , im Hinblick auf den infolge des Zahlungsverzuges für Februar und März geltend gemachten Gesamtbetrag für das Ka­lenderjahr jedoch erst seit Zustellung des Mahnbescheids , denn insoweit hat die Klägerin einen früheren Verzugseintritt nicht substantiiert dargetan. Vorgerichtliche Mahn- und Bankrücklastschriftkosten kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzuges geltend machen. 

 

Die Widerklage ist unbegründet denn der Beklagte hat Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin nach Grund und Höhe nicht nachvollziehbar dargetan , wie oben ausgeführt wurde.

  

Als im Wesentlichen unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechts­ streits zu tragen , denn die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig gering­ fügig und hat keinen Kostensprung verursacht. 

 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO .

 

 

 

 Treuner

 

 Richterin am Amtsgericht


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